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Glucose and insulin molecules in the blood
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Prädiabetes-Remission zur Vorbeugung von Typ-2-Diabetes

IDM,

Aktuelle medizinische Leitlinien empfehlen Menschen mit einer Vorstufe von Typ-2-Diabetes mindestens 7 Prozent ihres Körpergewichts zu verlieren, um einem manifesten Diabetes vorzubeugen. In einem Artikel in “Nature Reviews Endocrinology” setzen sich die Diabetes-Experten Prof. Andreas Birkenfeld und Prof. Viswanathan Mohan für die glykämische Remission (Normalisierung der Blutzuckerregulation) als Präventionsziel bei Menschen mit Prädiabetes oder einem hohen Risiko für Typ-2-Diabetes ein. Die Forderung des Artikels wird durch viele internationale Wissenschaftler und auch von der Präventionsakademie des DZD unterstützt.

Prädiabetes ist der größte Risikofaktor für die Entwicklung eines Typ-2-Diabetes (T2D). In der Vorstufe des Diabetes ist der Nüchternblutzucker bereits erhöht und die Glukosetoleranz gestört (siehe Kasten 1). Um der Entwicklung eines T2D sowie Schäden an Blutgefäßen vorzubeugen, wird zur Bekämpfung von Prädiabetes meist auf Lebensstiländerungen wie Diät und mehr Bewegung gesetzt. Die US-amerikanischen Leitlinien der American Diabetes Association (ADA) empfehlen, das Körpergewicht um mindestens 7 % zu senken. Dennoch hat sich die Anzahl der Diabetes-mellitus-Fälle seit 1980 fast vervierfacht und die Inzidenz steigt weiter - besonders in Ländern mit niedrigem Einkommen. Dort und in Ländern mit mittlerem Einkommen ist zudem die weltweite altersstandardisierte Sterblichkeit für Diabetes in den vergangenen 15 Jahren um 13 % gestiegen. Es bedarf verbesserter Strategien, um den massiven Anstieg der Inzidenz und Prävalenz von T2D weltweit zu reduzieren und die Ungleichheit bei Diabetes mellitus auszugleichen, so die beiden Autoren. Sie setzen sich dafür ein, neben der Gewichtsreduktion auch die Normalisierung der Blutzuckerregulation (Remission des Prädiabetes, siehe Kasten 1) in die Diabetes-Prävention zu integrieren.

Blutzuckerregulation normalisieren
Das Konzept der „Prädiabetes-Remission” wurde in Analysen der Prädiabetes-Lifestyle-Interventionsstudie (PLIS) des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) und des US Diabetes Prevention Program (DPP) etabliert. Die Untersuchungen zeigten, dass bei einem Teil der Patient:innen mit Prädiabetes (~40%) der Gewichtsverlust (≥5% des ursprünglichen Körpergewichts) zur Remission des Prädiabetes führte. In dieser Gruppe normalisierten sich der Nüchternblutzucker, die Glukosetoleranz und der HbA1c-Wert (siehe Kasten 2). Die Teilnehmenden, die eine Remission erreicht hatten, wiesen noch zwei Jahre nach Ende der Lebensstilintervention ein um 73 % reduziertes Risiko auf, T2D zu entwickeln. Außerdem zeigten sie reduzierte Marker der Nierenschädigung und einen besseren Zustand ihrer Blutgefäße. Ein Teil der Probanden erreichte trotz Gewichtsverlusts keine Remission und hatte weiterhin Prädiabetes.

Mechanismen der Prädiabetes-Remission
Untersuchungen zeigten, dass eine stärkere Abnahme von viszeralem Bauchfett und eine verbesserte Insulinsensitivität entscheidend für die Prädiabetes-Remission sind. Die Hypothese der Autoren: Die Verbesserung der Insulinresistenz treibt die Remission von Prädiabetes zur normalen Glukoseregulation voran. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Remission von Prädiabetes auf einen Zeitpunkt abzielt, an dem die Betazellen noch nicht dauerhaft in klinisch relevantem Maße geschädigt sind. Das könnte Prädiabetes zu einem Zeitfenster machen, um die Beta-Zellfunktion langfristig zu schützen.

Senkt Prädiabetes-Remission das T2D-Risiko? 
Forschende untersuchten, ob die gewichtsverlustinduzierte Remission von Prädiabetes effektiver als die derzeit empfohlenen Strategien zur Verhinderung von Typ-2-Diabetes ist. Dafür analysierten sie die Daten von 480 Personen mit Prädiabetes des Diabetes Prevention Program (DPP), die durch eine einjährige Lebensstilintervention mindestens 7 % ihres Gewichts verloren hatten. Bei 114 Personen normalisierten sich die Blutzuckerwerte (Remission des Prädiabetes), während die Mehrheit der 366 Teilnehmenden ihre Blutzuckerregulation nicht verbesserte. Vorläufige Ergebnisse deuten darauf hin, dass bei Personen mit Prädiabetes-Remission in Verbindung mit einer Gewichtsabnahme von ≥7% das Risiko für einen Diabetes mellitus über 6 Jahre um 76% (relatives Risiko) im Vergleich zur alleinigen Gewichtsabnahme von ≥7% reduziert war.

Die Autoren schlagen vor, die Remission zur normalen Glukoseregulation in Präventionsstrategien für Menschen mit Prädiabetes zu berücksichtigen. Der Gewichtsverlust spielt dabei eine entscheidende Rolle. Die Ergebnisse legen nahe, dass Personen mit Prädiabetes, die nach einer Gewichtsabnahme von mindestens 7 % ihres Körpergewichts keine Remission erreichen, weiterhin Gewicht verlieren sollten, bis sie ihre individuelle Schwelle erreichen oder andere Maßnahmen ergreifen.

„Wir sind der Meinung, dass die Remission von Prädiabetes in zukünftigen Studien und Leitlinien berücksichtigt werden sollte, da sie das Potenzial hat, die Betazellfunktion vor der Entwicklung von Typ-2-Diabetes zu schützen und möglicherweise die steigende Inzidenz und Prävalenz von Typ-2-Diabetes weltweit zu reduzieren“, sagt Prof. Andreas Birkenfeld. Zukünftige Studien sollten klären, ob die Remission von Prädiabetes auch zu reduzierten Komplikationsraten führen könne.

 
  • Prädiabetes wird von der American Diabetes Association (ADA) wie folgt definiert:

    • HbA1c-Wert von 5,7–6,4% (39–47 mmol/mol) oder
    • Nüchternblutzuckerwert (FPG) von 100 mg/dl (5,6 mmol/L) bis 125 mg/dL (6,9 mmol/l) (gestörte Nüchternglukose) oder
    • 2-Stunden-Blutzuckerkonzentration während des 75-g-oralen Glukosetoleranztests (OGTT) von 140 mg/dl (7,8 mmol/L) bis 199 mg/dl (11,0 mmol/L) (gestörte Glukosetoleranz
     
     
    • Kriterien für die Remission von Prädiabetes:

      • Nüchternblutzuckerwert (FPG) < 5,6 mmol/l (100 mg/dl)
      • 2-Stunden-Plasmaglukosekonzentration während des 75-g-OGTT < 7,8 mmol/l (140 mg/dl)
      • HbA1c < 5,7%
     

    Publikation:
    Andreas L. Birkenfeld & Viswanathan Mohan, 2024: Prediabetes remission for type 2 diabetes mellitus prevention. Nature Reviews Endocrinology volume 20, pages441–442
    DOI: https://doi.org/10.1038/s41574-024-00996-8
     

    Über die Autoren:

    Prof. Dr. med. Andreas Birkenfeld
    Prof. Birkenfeld leitet die Klinik für Diabetologie, Endokrinologie und Nephrologie am Universitätsklinikum Tübingen. Er ist Direktor des DZD-Partners Institut für Diabetes und Metabolismus Forschung (IDM) von Helmholtz Munich an der Universitätsklinik Tübingen und im Vorstand des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).

    Prof. Dr. Viswanathan Mohan
    Der Diabetologe und Wissenschaftler ist seit über 40 Jahren in der Diabetesforschung, -versorgung und -aufklärung tätig. Er ist Vorsitzender des Dr. Mohan’s Diabetes Specialities Centre und Präsident und Direktor der Madras Diabetes Research Foundation in Chennai, Indien. Er hat die diesjährige Kelly West Lecture der ADA gehalten.


    Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
    Prof. Dr. med. Andreas Birkenfeld
    Telefon: 07071 29-82735
    E-Mail: andreas.birkenfeld(at)med.uni-tuebingen.de

     

    Mehr zu diesem Thema:

    Optimaler Schutz vor Diabetes: Gewichtsabnahme plus Remission von Prädiabetes
    Presseinformation vom 19. 06. 2024 zur Original-Publikation:
    Jumpertz-von Schwartzenberg et al. 2024: Role of weight loss‑induced prediabetes remission in the prevention of type 2 diabetes: time to improve diabetes prevention. Diabetologia, DOI: 10.1007/s00125-024-06178-5
     

    Neue Studie spricht für Remission als Therapieziel beim Prädiabetes
    Presseinformation vom 26.09.2023 Original-Publikation:
    Sandforth A, et al. (2023): Mechanisms of weight loss-induced remission in people with prediabetes: A Post-hoc Analysis of the Randomized Controlled Multicenter Prediabetes Lifestyle Intervention Study (PLIS). Lancet Diabetes Endocrinology 2023; https://authors.elsevier.com/a/1hplZ7tNucn7Vs  
     


    Helmholtz Munich ist ein biomedizinisches Spitzenforschungszentrum. Seine Mission ist, bahnbrechende Lösungen für eine gesündere Gesellschaft in einer sich schnell verändernden Welt zu entwickeln. Interdisziplinäre Forschungsteams fokussieren umweltbedingte Krankheiten, insbesondere die Therapie und die Prävention von Diabetes, Adipositas, Allergien und chronischen Lungenerkrankungen. Mittels künstlicher Intelligenz und Bioengineering transferieren die Forschenden ihre Erkenntnisse schneller zu den Patient:innen. Helmholtz Munich zählt mehr als 2.500 Mitarbeitende und hat seinen Sitz in München/Neuherberg. Es ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, mit mehr als 43.000 Mitarbeitenden und 18 Forschungszentren die größte Wissenschaftsorganisation in Deutschland. Mehr über Helmholtz Munich (Helmholtz Zentrum München Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt GmbH): www.helmholtz-munich.de 

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